Erste Doppelrunde der 2. Frauenbundesliga

Schwieriger Auftakt beim Grand ohne sechs in Gernsheim

2.FBL · 16.-17.-11.2024 · Gernsheim · © Stefan Haas

Die erste Doppelrunde der 2. Frauenbundesliga Gruppe Süd 2024/25, in der wir kein anderes Ziel haben können als den sofortigen Wiederaufstieg in die erste Liga, führte uns in den erst 1937/38 aus 48 Höfen à 12,5 Hektar erbauten Flecken Allmendfeld, die jüngste Ortschaft Hessens, heute ein Vorort von Gernsheim, der seinerzeit als „Deutschlands schönstes  Dorf“ beworben wurde und Löberitz an Ländlichkeit sogar noch übertrifft.

Unsere Aufstellung für die Doppelrunde gegen die beiden mutmaßlich schwächsten Teams der Liga war aufgrund zahlreicher Ausfälle sowieso schon mehr als bedenklich, doch im allerletzten Moment musste auch noch Jessica wegen eines dringenden familiären Notfalls absagen. Glücklicherweise konnten Anja und Maria, die eigentlich nur für je ein Spiel vorgesehen waren, für das ganze Wochenende zusagen und wir traten – wenn auch ohne Titelträgerinnen – zumindest komplett an.

Wir spielten in der Turnhalle des Bürgerhauses, die zwar recht geräumig, aber nicht sonderlich gut beheizt war. Mit ISR Holger Bergmann hatten wir einen exzellenten Schiedsrichter, der am Sonntagabend bereits alle Partien erfasst hatte und an die Teams verschickte, so dass dieser ausführliche Bericht überhaupt erst möglich wurde.

    Karlsruher SF 1853 1865 :   FC B. München II 1892 2,78
1 Rebecca Doll 1975 1 : 0 Carolin Werner 1971 0,51
2 Dr. Tatiana Rubina 2004 0 : 1 Algi Acarbay 2006 0,50
3 Julia Scheynin 1939 1 : 0 WIM Nellya Vidoniak 2107 0,28
4 Maria Grining 1864 0 : 1 WIM Milka Ankerst 1879 0,48
5 Anna Juszczak 1772 0 : 1 WFM Marianne Spiel 1800 0,46
6 Anja Landenberger 1635 ½ : ½ Charlotte Prokscha 1591 0,56

Die Kämpfe begannen recht zäh und in den ersten zwei Stunden sah es noch recht ausgeglichen aus. Dann begann zunächst Anna etwas zu aggressiv am Damenflügel vorzugehen, wonach sie einige Bauernschwächen erhielt und einen der Schwächlinge abgeben musste. Dann wurde Maria das Opfer ihres übermütigen Angriffs am Königsflügel, indem sie sich die Dame abklemmen ließ. Anja hatte inzwischen eine schöne Stellung aufgebaut; ihre Gegnerin hatte sich tief in der eigenen Hälfte verschanzt und bot nun Remis an, das Anja mit weniger als zwei Minuten auf der Uhr für 19 Züge praktisch auf das Inkrement angewiesen ohne einen klar erkennbaren Spielplan nicht ablehnen konnte. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich keinen Pfifferling mehr auf einen Mannschaftspunkt gewettet. Es sollte aber noch spannend werden, denn bald folgten auch gute Nachrichten: Rebecca hatte sich auf eine gedrückte schottische Position eingelassen, die nach dem Gewinn eines Bauerns nicht besser wurde. Sie behielt jedoch die Nerven, konnte sich befreien, einen weiteren Bauern einsammeln und die Partie mit taktisch genauen Zügen nach Hause bringen. Julia hatte die stärkste Gegnerin erwischt: Nellya Vidonyak hatte zwischen 1994 und 2010 für unser Team gespielt und war uns daher gut bekannt. Julia gelang es, die Partie ausgeglichen zu halten, doch Nellya musste ihr Remisangebot wegen des Spielstandes (Tatiana stand inzwischen auf Gewinn) ablehnen. Nun spielte aber auch Julia auf Sieg: Sie eroberte einen Bauern und verwertete das Turmendspiel  mit sauberer Technik. Nun glaubten wir plötzlich sogar an einen Sieg, doch Tatiana, die sich im Mittelspiel aus einer kritischen Lage herausgearbeitet hatte und nach einem überzogenen Qualitätsopfer ihrer Gegnerin bereits auf der Siegerstraße war, lief in einen Konter und musste aufgeben.

Nach dieser unglücklichen Niederlage gönnten wir uns ein gutes Abendessen in einem spanischen Restaurant in der Heppenheimer Altstadt, genossen danach unser schönes Hotel und gingen am Sonntagmorgen optimistisch in den zweiten Kampf.

    SG Augsburg 1873 1865 :   Karlsruher SF 1853 1865 2,96
1 Kristin Braun 2016 0 : 1 Rebecca Doll 1975 0,56
2 WFM Maria Horvath 1868 0 : 1 Dr. Tatiana Rubina 2004 0,31
3 Renata Kosc 1974 0 : 1 Julia Scheynin 1939 0,55
4 Olga Kurapova 1920 1 : 0 Maria Grining 1864 0,58
5 Nicole Nentwig 1708 ½ : ½ Anna Juszczak 1772 0,41
6 Maria Specht 1668 0 : 1 Anja Landenberger 1635 0,55

Hier war es wieder Maria, die uns in einer bis dato gut gespielten Partie aus einer angenehmen Stellung heraus durch einen taktischen Fehler in Rückstand brachte. Ich sah uns nun bereits gegen den Abstieg kämpfen, doch nur wenig später kam Anja fröhlich aus dem Spielsaal: Sie hatte ihre zu passiv agierende Spielerin mit einigen netten taktischen Schlägen überrascht und durfte einen durchschlagenden Mattangriff aufs Brett zaubern. Kurz vor der Zeitkontrolle brachte uns dann Julia in Führung. Da hatte ich Glück, dass ich nur selten auf die Bretter geschaut und nicht mitbekommen hatte, welche unangenehmen Momente sie zwischenzeitlich zu überstehen hatte; dann konnte sie jedoch einen zu weit vorgepreschten gegnerischen Bauern einsammeln und nach einem weiteren leichtsinnig vertändelten Bauern gab ihre Gegnerin sich geschlagen. Dann gewannen Tatiana, die ihre ramponierte Königsstellung nervenstark verteidigte und die ungelenken Angriffsbemühung ihrer Gegnerin in der Zeitnotphase sofort taktisch bestrafte, und Rebecca, deren Gegnerin einen Bauern zur Erlangung des Läuferpaares geopfert hatte, jedoch keine ausreichende Kompensation erhielt und schließlich durch sauberes taktisches Spiel in einer sich zunehmend öffnenden Partie auseinandergenommen wurde. Anna hatte heute früh einen Bauern eingesammelt, ihre Gegnerin wehrte sich jedoch so hartnäckig, dass Anna sich schließlich mit einem Remis begnügen musste.

Obwohl wir mit unserer Auftaktniederlage jetzt „nur“ auf dem dritten Platz liegen, bescheinigt uns das ominöse Liga-Orakel immerhin noch eine Aufstiegswahrscheinlichkeit von 78%. Mal sehen, ob es Recht behält…