Schnellschach-Mannschaftsweltmeisterschaft 2023
Auch ganz unten kann man gut punkten
Düsseldorf ● 26.-28.8.2023 ● Von Stefan Haas
Erstmals wurde unter den Auspizien der FIDE eine Schnellschach-Mannschafts-WM ausgetragen – und zwar in Düsseldorf, finanziert von dem 33-jährigen ortsansässigen, in der Ukraine geborenen Jungunternehmer und Multimillionär Wadim Rosenstein, der im vergangenen April erst kurz vor dem DSB-Kongress seine Kandidatur für die DSB-Präsidentschaft zurückgezogen hatte. Der Meldeschluss war bereits am 10. Juni abgelaufen, so hatte das spektakuläre Turnier nur 36 Teams angezogen. Diese durften laut Reglement einen Kader von maximal neun Spielern aufweisen und mussten in jedem Kampf mindestens eine Spielerin sowie einen „Amateur“, der noch nie eine Elo von 2000 erreicht hatte (die beiden nicht identisch) an die Bretter bringen.
Vorgesehen waren eigentlich 45 Teams, von denen sich 10 über den besten Elo-Schnitt und 35 weitere in Reihenfolge der Anmeldung qualifizieren sollten. Für ein Startgeld von satten 1.000,- Euro pro Team winkte ein Preisfonds von 250.000,- Euro für die besten fünf Teams (davon allein 100.000,- Euro für die Sieger) sowie das beste Team mit einem Elo-Schnitt von unter 2400. Mit einer Bedenkzeit von 15 Minuten pro Partie plus 10 Sekunden Bonus pro Zug erstreckte sich das Turnier, welches im schönen Ambiente der Düsseldorfer Rheinterrassen stattfand, über zwölf Runden, die sich mit großzügigen Abständen von jeweils zwei Stunden über drei Tage verteilten.
Rosenstein selbst hatte für sein Team WR Chess eine starke Truppe mit Wesley So, Nodirbek Abdusattorov, Jan Nepomniachtchi, Jan-Krzysztof Duda, Praggnanandhaa Rameshbabu, Vincent Keymer, Hou Yifan, Alexandra Kosteniuk und himself zusammengestellt, welche das Turnier schließlich auch souverän gewann.
Andere Teams boten Superstars wie Fabiano Caruana, Levon Aronian, Vishy Anand, Boris Gelfand und Daniil Dubov auf – eigentlich fehlte nur König Magnus Carlsen. Große Aufmerksamkeit zog auf sich auch das Team Chess Pensioners um Vladimir Kramnik, Peter Svidler und Leinier Dominguez, in dem Jovanka Houska das Frauenbrett hütete.
Weiter unten spielten auch etliche reine Amateurteams mit – hätten wir, sofern wir von diesem Turnier rechtzeitig Wind erhielten, dann auch eine Mannschaft gemeldet?
So war dann nur ein einziger KSF’ler dabei: Unser Nachwuchstalent Christopher Sun trat am letzten Brett des schwächsten Teams, Deutsche Schachjugend II, an und holte immerhin 6 Punkte (seine Teamkameraden kamen zusammen nur auf deren 4) und erzielte dabei einer Elo-Performance von 1478 – nicht schlecht!
Jovanka Houska, früheres Spitzenbrett unserer Frauenbundesligamannschaft, kämpfte, durch ihre Tätigkeit als Kommentatorin von Weltturnieren mit nur wenig Spielpraxis, anfangs öfters mal mit Schwierigkeiten, verlor zweimal in Mattangriffen und konnte nur mit Mühe zwei schon völlig breit stehende Partien noch durch taktische Kniffe im Endspurt herumreißen. Zum Trost gelangen ihr am letzten Tag zwei Remisen gegen Hou Yifan und Harika Dronavalli. Am Ende dürfte sie mit 5 Punkten und einer Elo-Performance von 2164 eher underperformed haben, ihr Team landete auf Platz 10.