Mannschaftsweltmeisterschaften der Senioren 50+ und 65+ · 23.4.bis 2.5.2017 · Hersonissos (Kreta) · von Clemens Werner
Einen Platz besser als in der Startrangliste – das bedeutet auf Rang vier – platzierte sich die deutsche 65+ Mannschaft in der Besetzung 1. FM Clemens Werner, 2. IM Sergej Salow, 3. FM Dr. Bernd Baum, 4. FM Georg Haubt.
Mit 6,5/9 war Dr. Bernd Baum unser erfolgreichster Spieler mit der drittbesten Ratingperformance aller Teilnehmer am dritten Brett. Alle ersten Brettplatzierungen wurden von der überragenden russischen Mannschaft abgesahnt, die in der Besetzung GM Sveshnikov, GM Vasjukov, GM Balashov, IM Zhelnin und „Ersatz“ GM Pushkov logischerweise auch den Weltmeistertitel errang. Souveräner Vizeweltmeister wurden die starken Franzosen mit dem dreimaligen Seniorenweltmeister GM Vaisser am ersten Brett. Unser Team hat sich die Chance auf Platz drei durch eine 1:3-Niederlage gegen die Steiermark verdorben.
Neben Dr. Baum konnte auch Sergej Salov (5,5/9) voll überzeugen, der gegen GM Vasjukov ein schnelles Freundschaftsremis bekam. Hätte ich selbst nicht (und zwar chancenlos!) gegen GM Sveshnikov verloren, wäre sogar mehr als die knappe 2,5:1,5-Niederlage gegen Russland möglich gewesen! Während unser viertes Brett Georg Haubt auch noch gut spielte (5,5/9), stellte ich wie schon bei der letztjährigen Mannschafts-WM wieder über 40 Elopunkte ein! Und das Hotel konnte dieses Jahr nicht als Ausrede herhalten, es war sehr schön, die Verpflegung war gut! Selbst die aus Deutschland mitgebrachte Grippe ist kein ausreichender Grund. Es war schlicht mangelndes Positionsverständnis und daraus folgende schwache Züge, die zum miserablen Ergebnis (3,5/9) führten. 2016 in Radebeul brachte mir die letzte Runde die einzige Niederlage, dieses Mal den einzigen Sieg in einer neunzigzügigen Partie, die als letzte des Turniers zu Ende ging.
Einen positiven Beitrag konnte ich als Mafü leisten, indem ich den Teamkollegen teilweise bei der Computervorbereitung half. Auch nach Turnierende musste ich nochmals tätig werden: Unser vierter Platz war mit 500€ dotiert, ich erhielt aber einen Umschlag mit 300€! Auf meine Rückfrage hin erklärte mir der Organisator, die Geldpreise würden zwischen den drei Mannschaften mit gleicher Mannschaftspunktezahl geteilt! Somit sollten wir auf 200€ verzichten, der Füntplatzierte Israel auf 100€. Theoretisch wäre Österreich auf Platz sechs der Nutznießer gewesen. Allerdings wären die Österreicher wohl gar nicht auf die Idee gekommen, einen Geldpreis abzuholen, da nur die ersten fünf Plätze dotiert waren. Die Ausschreibung der FIDE sah schließlich mehrere Tiebreak-Kriterien bei gleichen Mannschaftspunkten vor, zuerst die Brettpunkte. Mit unserem klaren Sieg in der letzten Runde lagen wir einen Punkt vor Israel und zwei vor Österreich. Nach einer langen, teilweise nicht so schönen Diskussion, rückte der Organisator die 200€ heraus. Das war ein Sieg für mich, der allerdings nicht Elo-ausgewertet wird. Er ersparte mir aber ein Schreiben an die FIDE, denn ich hätte mich mit dieser in den veröffentlichten Regeln nirgendwo auffindbaren Auslegung bestimmt nicht abgefunden. In Marienbad hatte ich für den geteilten ersten Platz auch nur die 500€ für den Fünften bekommen, während der Weltmeister 1300€ einstrich!
In der Gruppe 50+ trat der Titelverteidiger Deutschland nicht an. St.Petersburg siegte vor Armenien und England. Die Stärke des Feldes sieht man gut an der Besetzung des Drittplatzierten: Für England spielten die GMs Short, Nunn und Speelman sowie IM Atkins. Unsere Damenmannschaft ( WIM Brigitte Burchard, WIM Annett Wagner-Michel, WFM Sylvia Wolf, Sibylle Heyme) belegte den dritten Platz in der Frauenwertung – es gab allerdings nur drei Frauenmannschaften. Bei den Spielpaarungen wurden sie vom Glück zwar verfolgt, aber nie eingeholt. So mussten sie beispielsweise als Mannschaft des Mittelfelds gegen den vorneliegenden späteren Vizeweltmeister Armenien antreten. Diese Auslosung war nicht so leicht zu durchschauen.
Das Turnier war insgesamt gut organisiert, der Turniersaal bot reichlich Platz. Das traumhaft schöne Wetter konnten die Teilnehmer aber leider kaum nutzen. Entgegen der ursprünglichen Ausschreibung begannen die Partien nämlich mit Ausnahme der Schlussrunde alle um 15 Uhr. Georg Haubt machte nach Turnierende eine kleine Umfrage bei acht Teilnehmern. Alle hätten lieber am Vormittag gespielt! Zufall?
Mit meiner Frau blieb ich noch zwei Tage länger auf Kreta, wodurch wir die herrlichen Landschaften bei blauem Himmel und blauem Meer noch ein wenig geniessen konnten. Nun sind wir wieder auf dem Rückflug nach Deutschland. Veronika hat vorsorglich bei uns zu Hause schon mal die Heizung angemacht. Hoffentlich kann ich sie bald wieder abstellen.