Zentrale Endrunde der Schachbundesligen

KSF-Frauenteam ist in Berlin dabei

Starke Gegnerinnen erwarten unsere Frauen-Mannschaft in Berlin bei der Endrunde vom 29. April bis 1. Mai.

In Runde 9 treffen wir auf das Top-Team der OSG Baden-Baden; amtierender Deutscher Meister, die allerdings – auf Platz zwei liegend – ihre Chancen auf eine erfolgreiche Titelverteidigung in der laufenden Saison schon weitgehend verspielt haben. Danach gilt es in Runde 10 mit dem Tabellendritten Bad Königshofen gegen ein weiteres starkes Team zu bestehen. Schließlich wird es in Runde 11 gegen den Tabellenvierten Rodewischer Schachmiezen auch kaum einfacher werden.

Glücklicherweise steht unser Team mit 8:8 Punkten bereits vor dem Großereignis sicher auf einem Nichtabstiegsplatz. Wir sind an diesem Wochenende mit IM Inna Gaponenko und IM Jovanka Houska an den beiden Spitzenbrettern verstärkt.

Impressionen aus Berlin

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Vor dem Event

Das Event, gemeint ist die gemeinsame Endrunde der Schachbundesliga und der Frauenbundesliga: 16 mal 8 Spieler bei den Männern und 12 mal 6 Spielerinnen bei den Frauen in einem Saal des Maritim-Hotels in Berlin. Neben den Aktiven konnten auch alle mitgereisten Fans im Hotel übernachten. Zeitgleich fand übrigens auch eine Bridge-Veranstaltung im Hotel statt. Damit war das Haus dann ausverkauft und voll.

Für die früher Angereisten bot Berlin natürlich zahlreiche kulturelle Veranstaltungen und Gelegenheit zu Sightseeing. Selber kann ich nur berichten, dass bei der IGA Berlin (Internationale Gartenausstellung) die Blumen auch nicht früher blühen als anderswo in Berlin um diese Jahreszeit. Nur waren die Tulpen hier wesentlich zahlreicher… Mit einer neuen Bergbahn konnte man auf den Kienberg (102 m.ü.NN) schweben und dann rechts auf die Hochhäuser von Marzahn und links auf die Hochhäuser von Hellersdorf blicken.

Mein Kulturprogramm bestand aus klassischer Musik im Konzerthaus, im Pianosalon Christophori und im Pierre-Boulez-Saal. Letzterer ist ein nagelneuer, 2017 eingeweihter Kammermusik-Saal (gut 600 Zuschauer) und bietet eine schöne Atmosphäre und tadellose Akustik. Sehr empfehlenswert!

Am Vorabend fand auch ein sehr starkes Schnellturnier beim SC Kreuzberg statt (7 Runden mit 12 min plus 3 sec Inkrement pro Partie); einige anwesende starke Großmeister und IMs der Endrunde waren auch hier dabei. Leider wurde es erst spät an die Auswärtigen kommuniziert. So waren unsere Konzertkarten schon bestellt. Dennoch, die Karlsruher Kiebitze schauten nach dem Konzertbesuch dort gerne noch vorbei.

Was unsere Mannschaft anging, kristallisierte sich heraus,  dass kaum wie geplant sieben Spielerinnen anwesend sein können, und es damit keine Flexibilität beim Einsatz geben würde. Wir bekamen nicht zuletzt aus gesundheitlichen Gründen gerade so stets sechs Aktive ans Brett. Besten Dank für Euren Einsatz! Zudem wurde der Vereinsvorsitzende kurzfristig mangels Alternativen zum Vize-Ersatz-Mannschaftsleiter und Manager der Frauenmannschaft gelobt.

Erster Tag (29.4.2017)

Das Hotel hatte schon vor Monaten eine Sammelbestellung aller Zimmer mit wunschgemäß genau einem Namen pro Zimmer/Doppelzimmer und einer Rechnungsanschrift des Vereins erhalten. Nun fragte das Hotel dennoch bei jeder Spielerin nach Sicherheiten (Kreditkarte) und wollte eine weitere Spielerin auch nur dann ins Zimmer lassen, wenn die namentlich bekannte Bewohnerin ein gutes Wort für die unbekannte Zimmergenossin einlegte. Das war aber nicht genau das, was wir uns unter einer Sammelbestellung vorgestellt hatten… Der Vize-Ersatz-Manager hatte aber auch erst langsam begriffen, wie unflexibel die Hotelsoftware hier war, und dass er noch ein weiteres Mal um eine Gesamtrechnung bitten und eine Kreditkarte hinterlegen müsste. Sorry von meiner Seite!

Mit dem Spielsaal, für das gesamte Rahmen-Programm und auch als Location für Abendessen und Frühstück war das Hotel jedoch eine ganz ausgezeichnete Wahl. Bereits die erste Ortsbegehung um 12 Uhr mit aller Mannschaftsleitern und dem Organisator Rainer Polzin überzeugte uns, dass alles sehr gut vorbereitet war. Um 13 Uhr, eine Stunde vor Spielbeginn, war dann Abgabe der Mannschaftsaufstellung. Und um 14 Uhr ging die Endrunde für alle Aktiven los; für uns gegen die OSG Baden-Baden.

Karlsruher SF 2 : 4 OSG Baden-Baden
1  IM Gaponenko, Inna (2411) ½ : ½ (2564) GM Muzychuk, Anna 2
2  IM Houska, Jovanka (2390) ½ : ½ (2543) GM Muzychuk, Mariya 3
3  WIM Dr. Heinatz, Gundula (2180) 0 : 1 (2534) GM Cmilyte, Viktorija 4
5  WIM Mader, Manuela (2145) 1 : 0 (2341) IM Kachiani-Gersinska, Ketino 8
9  WFM Brendel, Bergit (2078) 0 : 1 (2225) WIM Tammert, Iamze 11
13  Scheynin, Julia (1967) 0 : 1 (2226) WIM Heinemann, Josefine 13

Der amtierende Meister hatte wieder keine Kosten und Mühen gescheut, Stars an die Bretter zu bringen: An den ersten drei Brettern saßen heute die aktuelle Vizeweltmeisterin Anna Muzychuk, ihre Schwester Marija (Weltmeisterin im Jahr 2015) und Victorija Cmylite (Abgeordnete im Parlament Litauens, kaum noch aktiv, dennoch mit Elo 2534). Wir hatten uns dankenswerterweise für diese Endrunde extra mit Inna Gaponenko und Jovanka Houska verstärken können. Trotzdem waren wir klarer Außenseiter.

Ich war angenehm überrascht, wie problemlos unsere zwei Spitzenspielerinnen beide Remisen erringen konnten. Dazu kam noch ein blitzsauber herausgespielter Sieg von Manuela gegen Keti. Manuela konnte Ketis König in der Mitte festhalten, und das war bei vollem Brett langfristig entscheidend.

Unter unseren drei Niederlagen war Bergits sicherlich vermeidbar, denn ihr Läuferendspiel war völlig symmetrisch und die Stellung weitgehend blockiert. Fazit: Wir hätten die Niederlage knapper gestalten können, aber gegen den amtierenden Meister war sonst nichts drin.

Zweiter Tag (30.4.2017)

SC Bad Königshofen 4 : 2 Karlsruher SF
1  GM Gunina, Valentina (2515) ½ : ½ (2411) IM Gaponenko, Inna 1
4  IM Mkrtchian, Lilit (2442) 0 : 1 (2390) IM Houska, Jovanka 2
5  IM Savina, Anastasia (2321) ½ : ½ (2180) WIM Dr. Heinatz, Gundula 3
7  WIM Osmanodja, Filiz (2318) 1 : 0 (2145) WIM Mader, Manuela 5
8  WGM Melamed, Tatjana (2299) 1 : 0 (1902) Hund, Sarah 11
13  Schneider, Jana (2092) 1 : 0 (1967) Scheynin, Julia 13

In gewisser Weise ähnelte der zweite Tag dem ersten sehr. Gegen überlegene Gegnerinnen aus Bad Königshofen können wir zwar eine Partie gewinnen, verlieren aber dreimal. Schon am ersten Tag hatte der Vize-Ersatz-Mannschaftsleiter die Devise ausgegeben, dass jede Spielerin selbständig über Remisangebote entscheiden möge. (Das sollte vor allem ihm selber Freiheiten zur Abwesenheit und zum Sightseeing in Berlin verschaffen.) Die stets humorvolle und scharfsinnige Gundula präzisierte daraufhin scherzend, dass man ab zwei Mehrbauern doch auch an einen Sieg denken könne! Richtig. Jovanka wird diese Diskussion nicht im Detail verfolgt haben, und ihr reichte natürlich schon ein Mehrbauer und eine überlegene Figurenstellung, um den Sieg gegen Lilit Mkrtchian einzufahren.

Eine nette Geschichte gehört zum Remis von Inna gegen die Russische Nummer drei Valentina Gunina. Inna wünschte sich sehr einmal ein Remis gegen Valentina, traute sich aber nicht anzubieten, weil sie die geringere Elo hat und in der persönlichen Bilanz von 0:7 (incl. Schnellschach und Blitz) schrechlich zurück lag. Valentina hingegen fühlte sich nicht wohl an diesem Tag, führte aber die schwarzen Steine und traute sich auch kein Remis anzubieten. So spielte Inna ganz langsam und vorsichtig, Valentina ganz schnell und ohne Ehrgeiz, beide tauschten aber möglichst viele Figuren ab, und nach 24 Zügen war das Brett endlich so weit abgeräumt, dass man guten Gewissens über ein Remis sprechen konnte.

Dritter Tag (1.5.2017)

Karlsruher SF : Rodewischer SM
1  IM Gaponenko, Inna (2411) ½ : ½ (2398) WGM Majdan-Gajewska, Joanna 2
2  IM Houska, Jovanka (2390) 1 : 0 (2316) WGM Kochetkova, Julia 4
3  WIM Dr. Heinatz, Gundula (2180) ½ : ½ (2270) WGM Lubbe, Melanie 6
5  WIM Mader, Manuela (2145) 1 : 0 (2262) FM Kazarian, Anna-Maja 7
11  Hund, Sarah (1902) 0 : 1 (2128) WIM Korenova, Martina 9
13  Scheynin, Julia (1967) ½ : ½ (1997) WIM Steinbacher, Claudia 10

Wider Erwarten war Rodewisch nicht der überlegene Gegner, obwohl wir an den hinteren vier Brettern den Elo-Nachteil hatten. Unsere Weißbretter nutzen aber ihre Möglichkeiten bestens. Jovanka öffnete mit einem taktischem Trick (19. f5!) die Stellung vorteilhaft. – Manuela behauptete einen Mehrbauern. Ihre Gegnerin hatte mit Schwarz diesen Bauern im 6. Zug geopfert, konnte das Gambitspiel am Brett aber nicht rechtfertigen. Julia stand mit Weiß auch immer gut, gab dann aber im Mannschaftssinne Remis. Gut, auch der angepeilte Zug musste ja nach knapp fünf Stunden noch erreicht werden. Auch das gelang an diesem erfolgreichen Tag.

Zudem hatten Inna und Gundula inzwischen Remisen erreicht: Inna sehr sicher und Gundula etwas abenteuerlich.

Bundesvereinskonferenz

In Ergänzung zum Spitzenschach fand eine dreitägige Konferenz für Vereinsvertreter statt. Vereine konnte ihre Konzepte und Stärken vorstellen, sich aber auch Tipps und Anregungen holen. Mit Präsident Herbert Bastian, seinem Vize Uwe Pfenning, weiteren Landespräsidenten, und vor allem auch dem DSJ-Vorsitzenden Malte Ibs gaben viele erfahrene Ehrenamtliche ihre Meinungen und Erfahrungen weiter.

Kristin Wodzinski referierte über Schach in Schule und Kindergärten sowie den Bundesfreiwilligendienst. Selber lauschte ich Diskussionen und Vorträgen über Sportmarketing, Mitgliedergewinnung, Stärkung des Ehrenamts wie auch die Zusammenarbeit eines Vereins etwa mit professionellen Schachtrainern.

Insgesamt ein interessantes neues Forum, das seine Vorläufer bereits in einigen Regionalkonferenzen in anderen Bundesländern hat.

Die Meister, ein Fazit, ein Ausblick

Schachlich war es ein dreitägiges Fest des Spitzensports! Persönlich auch ein nettes Wiedersehen mit vielen Bekannten: Erasmus Gerigk (aktiv für MSA Zugzwang in München) etwa erinnerte sich gerne an Erfolge mit Karlsruhe vor mehr als 20 Jahren.

Bei den Frauen ist diesmal Schwäbisch Hall knapp vor Baden-Baden erfolgreich als Meister, nachdem es im Vorjahr genauso knapp andersherum ausgegangen war. Bei den Herren siegt Serienmeister Baden-Baden. Weil man im Vorjahr ausnahmsweise gegen Solingen unterlegen war, wurden diesmal alle Stars für diese Begegnung aufgeboten. Denn man wollte nicht nur gewinnen, sondern den Gegner möglichst „ungespitzt in den Boden“… In einem denkwürdigen Match – denn Vishy Anand spielte lediglich an Brett vier (!) hinter Caruana, MVL und Aronian – siegen die Baden-Badener Stars hoch mit 6½:1½ über Solingen.

Also: Die Mannschaften mit den besten Mäzenen und Sponsoren sind weiter vorne. Die Schachbundesliga und der Deutsche Schachbund träumen weiter von noch besserer Vermarktung der Liga durch noch hübschere Webseiten und perfektere Außendarstellung. Auf dem wahrscheinlichen vierstelligen Defizit der Veranstaltung in Berlin bleibt hingegen leider der engagierte Ausrichter Schachfreunde Berlin alleine sitzen. Nicht nur am Rande: Der Deutsche Schachbund plant auf dem Bundeskongress für das nächsten Jahr erhöhte Startgelder für die Vereine der Schachbundesliga und Frauenbundesliga (hier: 200 Euro). Unklar blieb auf den drei Tagen, wofür. Hübschere Webseite, allgemeine Finanzierungslücke?

Und fast alle sind sich einig, dass es voraussichtlich mit einer ähnlichen Endrunde im nächsten Jahr weitergehen soll.

Endstand Frauenbundesliga

Mannschaft 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 MP BP
1. SK Schwäbisch Hall xxx 3 4 6 6 6 5 6 21 51
2. OSG Baden-Baden 3 xxx 5 5 3 4 5 6 5 20 51½
3. SC Bad Königshofen 1 xxx 4 4 3 4 5 0 15 38
4. SF Deizisau 1 2 xxx 4 6 5 14 40
5. Hamburger SK 3 2 xxx 3 4 4 5 14 38½
6. Rodewischer SM 2 ½ 3 2 3 xxx 5 5 5 12 39
7. Karlsruher SF 2 2 xxx 4 4 10 30½
8. SK Lehrte 0 1 1 1 xxx 4 5 5 10 30
9. SV Medizin Erfurt 0 0 2 1 2 xxx ½ 6 21
10. TuRa Harksheide 0 0 6 ½ ½ 1 xxx 2 4 21
11. SG Augsburg 1 ½ ½ 1 2 ½ 2 4 xxx 4 19
12. FC Bayern München 0 1 1 1 2 1 ½ xxx 2 16½